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Geschichte des Memellandes

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  Geschichte des Memellandes
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  Die Ostbalten sind in Brauntönen eingetragen, während die Westbalten in Grüntönen gezeichnet sind.
  Zemaiten und seine Nachbargebiete in der Mitte des 13.Jahrhunderts
  
  Memel heißt heute Klaipeda und gehört politisch zu Litauen. Die Hafenstadt an der Ostsee ist die drittgrößte Stadt des Landes. Sie liegt an einer Meerenge, die das Kurische Haff mit der Ostsee verbindet. Der Name "Memel" ist kurisch und bezieht sich auf den Memel-Fluss und die Lagune.
  
  
  In skandinavischen Quellen des 2. Jh. n.Chr. heißt der Ort Aldajaborg. Aldeska war der alte prußisch-schalauische Name der Memel (Fluss). Im Vertrag vom Melnosee (27. Februar 1422) wurde zum ersten Mal der alternative Name Klaipeda ("Castrum et Memel Samogitico Cleupeda appellatum") erwähnt.
  
  Aldeska oder Aldajaborg beschreibt frei übersetzt einen Hafen mit Festung.
  
   prußisch-schalauisch "aldija" = Schiff, Boot, Kanu
   kurisch "memelis, mimelis" = leise, langsam, leise
   lettisch "mems" = stumm, sprachlos (siehe den lettischen Fluss Memele)
  
  Klaipeda / Glaupeda / Klawppedda / Cleupeda beschreibt die Lage des Ortes. Frei übersetzt: flacher, offener Grund.
  
   kurisch "klais" = flach, offen, frei
   lettisch "klajš" = offen
   kurisch "ped" = Fuß, Fußsohle auch Grund
  
  Im Gegensatz dazu
  
   litauisch "klaipikas" = die unausgewogene die Füße treten, Paddeln mit den Füßen
   "klaipyti" = das Zerkleinern, nach unten drücken
  
  
  Sonderrolle des Memelgebietes im Verhältnis zum übrigen Ostpreußen
  
  Im Memelgebiet wurde nur der südliche prußisch-schalauische Teil vom Deutschen Orden erobert. Der nördliche Teil mit den kurischen Landschaften wurde von den Schwertbrüdern des Livländischen Ordens eingenommen und von Riga aus verwaltet. Die Stadt Memel wurde bereits 1252 gegründet, während der Deutsche Orden erst 1288 Schalauen erobern konnte. 1298 siedelte das Memeler Domkapitel nach Windau in Lettland um. 1328 trat der Landmeister von Livland die Memelburg mit der Umgebung an den Deutschordens-Hochmeister als Landesherrn von Preußen ab, weil die Memelburg von Livland aus unmöglich zu verteidigen war.
  
  Als Sprachgrenze zwischen den Kuren und den Prußen gilt der Fluss Minge. Um 1253 verlief die Grenze zwischen dem Deutschen und dem Livländischen Orden von der Windenburger Ecke in nordöstliche Richtung bis zum linken Quellfluss der Windau in Žemaitien, wobei zu beachten ist, dass diese Grenze eher theoretischer Natur war, weil sie durch unwegsames urwaldähnliches Gelände führte. Die Žemaiten waren die hartnäckigsten und meist gefürchteten Feinde der beiden Ritterorden, und so konnten sie zwischen 1388 und 1410 ihr Gebiet auf kurischem Areal bis an die Ostsee bei Polangen ausdehnen und einen knapp 20 km langen Küstenstreifen besetzt halten. Die Verbindung zwischen den beiden Orden wurde auf dem Landweg nachhaltig unterbrochen.
  
  
  Inhaltsverzeichnis
  
   1 Vor- und Frühgeschichte bis 700 n.Chr
   1.1 Steinzeit
   1.2 Bronzezeit
   1.3 Eisenzeit
   1.3.1 Gräberfelder
   1.3.2 Burgberge
   2 Von 700 n.Chr. bis zur Ankunft der Deutschen
   3 Deutsche Zeit von 1252 bis 1945
   3.1 Von 1252 bis 1525 - die Ordenszeit
   3.2 Von 1525 bis 1722 - die Zeit des Hauptamts
   3.3 Von 1722 bis 1818 - die Zeit der Domänenämter
   3.4 Von 1818 bis 1918 (Restauration und Kaiserzeit)
   3.5 Von 1918 bis 1923
   3.6 Annexion durch Litauen 1923-1939
   3.7 Litauische Vorverhandlungen ab 1938
   3.8 Wieder zu Deutschland 1939-1945
   4 Litauische Zeit 1945 bis zur Gegenwart
   4.1 Sowjetzeit 1945-1989
   4.2 Von der Unabhängigkeit Litauens 1989 bis zur Gegenwart
   4.3 Gegenwart - Das memelländische Erbe
   4.4 Weblinks
   4.5 Einzelnachweise
   4.6 Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
  
  Vor- und Frühgeschichte bis 700 n.Chr
  Steinzeit
  
   Ab 11.000 v.Chr. (nach letzter Eiszeit, Jäger, Sammler): a) Hamburger Kulturkreis, eine Variante der französischen Magdalenien-Kultur, zunächst bei Königsberg, späte Phase Memel, b) Swidry-Kultur aus Südeuropa
  
   Ab 7.000 v.Chr. (Jäger, Sammler, Fischer, Kiefern- und Föhrenzeit): Das Klima wird wärmer und feuchter, die Gletscher sind verschwunden; nachgewiesene Besiedlung im Memelland. Zuzug der Maglemose-Kultur aus Westen (Erben der Magdalenien-Kultur).
  
   Ab 6.000 v.Chr.: Vermischung von Maglemose- u. Swidrykulturen. Knochenfunde im Memelgebiet: langköpfig, wulstige Brauen, stämmige Statur.
  
   Ab 4.000 bis 2.500 v.Chr.(Mittlere Steinzeit: Knochen-Kultur-Kreis/ Jüngere Steinzeit: Steinwerkzeuge, Knochen, Holz): Memel-u. Narwa-Kultur: Alteuropäisch, nicht indoeuropäisch. Religion: Matriarchat, Sonnengöttin Saule, Erdgöttin Zemina, vergleichbar mit griech. Götterwelt, Vergottung der Erde, der Landschaft, von Schlangen, Kröten, Schafen und Ziegen, Sonnenwendfeste. Siedlungsplätze: Da wo der Haselnussstrauch wächst (laxte, lagzde, lazdynas). Kurische Nehrung: Knochen- und Geweihhaken. Memel-Schmelz: Bearbeiteter Bernstein.
  
   Ab 2.500 v. Chr. (Ende d. Steinzeit): Ankunft der Indoeuropäer (Balten) aus Zentralasien, damit zusammenhängend andere Kulturtechniken: Baben mit Trinkhorn wie in Zentralasien und Persien, Kugel-Amphoren. Handelsbeziehungen mit Griechenland (Bernstein). Religion: Patriarchat, Vergottung von Pferd, Stier, Himmel- und Himmelskörpern. Vermischung mit vorhandenen Menschen, keine Ausrottung (Nachweise durch Knochenfunde, neuer Menschentyp ist schlanker). Sprache: Ähnlichkeit mit Sanskrit und Latein (Urbaltisch). Westbalten: Prußen, Kuren, (ähnliche Kultur wie Kelten), Ostbalten: Litauer, Szemaiten, Letten (Kultur mehr wie Finno-Ugrier, Mongolen, Koreaner). Besiedlung: besonders auf der Nehrung wird sie dichter.
  
  "Von den Ureinwohnern des Memelgebietes wissen wir sehr wenig. Nur spärliche Altertumsfunde geben uns Belehrungen über sie. Wir wissen nicht, wie sie hießen und aussahen, wie sie lebten und wo sie schließlich geblieben sind. Aber ihre Werkzeuge aus Stein, Knochen, Horn, Holz und Bernstein hat man gefunden und festgetellt, daß dieses Gebiet mindestens 1000 Jahre vor Christi Geburt bewohnt gewesen ist. Da die Menschen ihre Geräte damals fast nur aus Stein anfertigten, wird diese Zeit die Steinzeit genannt. Beim Graben hat man einzelne Aexte, Hämmer, Haken usw. aus Stein gefunden, so auch viele Stellen auf der Nehrung von nidden bis Schwarzort, bei Lankuppen und am Rombinus. Die Plätze, "Scheibenplätze" genannt, sind Ueberreste von Wohnstätten und Gräbern." (Quelle: Meyer, Richard (Kreisschulrat in Heydekrug): Heimatkunde des Memelgebietes, Robert Schmidt´s Buchhandlung, Memel 1922, S. 87)
  Bronzezeit
  
   Ab 1.500 v.Chr. (Bronzezeit, Hügelgräber): Totenkult: Leichenfunde in Hockerstellung, Mitteleuropäische Expansion, die aber im Memelland sehr geschwächt und verspätet ankam. Metallkultur im Austausch mit Bernstein.
  
   Ab 1.000 v. Chr. (Jüngere Bronzezeit/ Frühe Eisenzeit/ Kulturwelle „Lausitzer Kultur“ 500 v. Chr):Totenkult: Leichenverbrennung, Asche in Tongefäßen, Gefäßdeckel mit Löchern, damit die Seele entweichen kann. Pfahlbauten. Die „Lausitzer Kultur" kam im Memelland wegen der "Großen Wildnis" zwischen Pregel und Memel nicht an.
  
  "Die Anfertigung solcher Werkzeuge aus Stein war sehr mühsam. Man sah sich deshalb nach einem leichter zu bearbeitenden Material um und fand es in der Bronze. Das ist eine Metallmischung aus Kupfer und Zinn. Damit folgte auf die Stein- allmählich die Bronzezeit. Aus dieser stammen Funde aus Deutsch Crottingen, Mißeiken, vom Rombinus usw. Jedenfalls soll dem Menschen der Bronzezeit die Gegend am Memelstrom kein unbekanntes Gebiet gewesen sein. Während in der Steinzeit die Leichen bestattet wurden, hat man sie in der Bronzezeit verbrannt und die Asche in Urnen gelegt. Um diese wurden größere und kleinere Steine gepackt und darüber ein Hügelgrab gemacht." (Quelle: Meyer, Richard (Kreisschulrat in Heydekrug): Heimatkunde des Memelgebietes, Robert Schmidt´s Buchhandlung, Memel 1922, S. 87)
  Eisenzeit
  
   Ab 200 v. Chr bis 500 n.Chr. Expansion der Germanen bis an Weichsel. Eindringen von Slawen und Goten bis ins Samland, reger kultureller Austausch und Aufschwung, auch im Memelland. Handel: Mit Rom (Münzen-, Glas-, Emaillefunde, Metallimport). Skelettgräber (Weichsel-Einfluss). Goldenes Zeitalter der Balten.
  
   Ab 400 n.Chr. Expansion der Slawen von Süden und Osten: Sie drängen die Balten Richtung Ostsee.
  
   Ab 500 bis 800 n.Chr. (Völkerwanderung): Slawen drängen nach Norden ins Ostbaltikum, Litauer und Letten werden zur Ostsee gedrängt. Differenzierung zwischen Memelgebiet und Altpreußen. Memelland: Eindringen von Schweden und Wikingern. Die Handelsbeziehungen nach Süden zwischen abgewanderten Goten und Prußen reißen nicht ab.Nach Abwanderung der Goten Aufspaltung der Prußen in verschiedene Stammesgebiete mit unterschiedlichen Kulturen. Die sogenannte Dekadenzperiode trifft nicht auf das Memelland zu, weil hier stattdessen eine starke Eigenentwicklung stattfindet. Die Beziehungen zwischen Altpreußen und Memelländern verblassen.
  
  Gräberfelder
  
  "Aus der darauf folgenden Eisenzeit - von 330 v.Chr.Geburt bis etwa 1200 nach Christo - also bis zur Einführung des Christentums in Preußen, hat man zahlreichere Funde gemacht. Ein Beweis dafür, daß das Gebiet auch schon mehr bewohnt gewesen ist. Die vielen Gräberfelder zeigen wieder die Skelettbestattung, so bei Nimmersatt, Andullen, Baiten, Collaten, Schernen, Stragna, Wilkieten, Ruboken, Werden, Bittehnen am Rombinus usw. Bei Schmalleningken ist aber aus dieser Zeit auch ein solches mit Brandbestattung gefunden worden.
  
  Die interessantesten "Gräberfelder" sind bei Ruboken und Weßaiten, jetzt Werden, im Kreise Heydekrug. Auf dem ersten ist ein Reiter mit zwei Pferden und einer mit einem Pferd beigesetzt worden, entsprechend den alten Gebräuchen, wie sie im 4. und 6. Jahrhundert nach Christo üblich waren. Auf dem Werdner Gräberfelde haben fast alle Männerleichen hinter dem Kopfe den bronzenen Randbeschlag eines Trinkhornes gehabt. Die sonst noch gefundenen Gegenstände, wie Lanzenspitzen, Messer, Sicheln, Aexte, Pfriemen, Schmucksachen von Bronze, Bernstein und Glasmosaik-Perlen, letztere öfters in blauer Farbe, weisen auf einen nicht mehr ganz niedrigen Kulturzustand hin." (Quelle: Meyer, Richard (Kreisschulrat in Heydekrug): Heimatkunde des Memelgebietes, Robert Schmidt´s Buchhandlung, Memel 1922, S. 88)
  Burgberge
  Die Bernsteinroute von Memel, dem Samland und Danzig im Jahr 98 nach Chr.
  
  "Aus der Eisenzeit stammen auch die vielen Schanzen, Schloß- oder Burgberge, im volksmund jetzt Schwedenschanzen genannt, obwohl sie mit den Schweden nichts zu tun haben. Sie stammen meistens aus dem 6. und 7. Jahrhundert, sind aber auch noch im 13. und 14. benutzt worden. Ihre Bedeutung hat man nicht genau bestimmen können; sie sollen entweder Begräbnis- oder Zufluchts- und Verteidigungsstätten in bedrängten Zeiten gewesen sein.
  
  Viele von diesen Burgbergen sind durch die fortschreitende Bodenkultur bereits eingeebnet worden. Ein höchst beachtenswerter Burgberg liegt bei dem Gute Eckitten im Kreise Memel. Auf einem flachen Berge steigt in Form eines halben Mondes ein zweiter Berg empor. Die Sage erzählt, daß hier ein Hauptopferplatz der heidnischen Bewohner gewesen sei, "dem Donnergotte Perkunos geheiligt, und in der Nähe vornehmer Heiden Gräber". Weitere Burgberge liegen bei Czutellen, Zarthen usw. Nicht weit von der Wewirße bei Stankeiten ist der "Padukalnis", d.h. der Warnberg, Signalberg, am Fuße von 4 Teichen umgeben; er war in alter Zeit schwer zugänglich und leicht zu verteidigen.
  
  
  Während im Kreise Memel im ganzen 17 Schloßberge und 21 Gräberfelder nachgewiesen worden sind, sollen im Kreise Heydekrug nur 8 Gräberfelder zu finden sein. Das ist ein Beweis dafür, daß der Kreis Heydekrug viel dünner bevölkert sein muß. "Schloßberge" werden nur 4 erwähnt. Der eine soll "eine Beschanzung im Walde" nördlich von Kinten gebildet haben, und der zweite ist als "Feste bei der Wassermühle der Tenne von Eidathen" bezeichnet worden. Der dritte ist der Algeberg[1], und der vierte liegt westlich von Lapallen im Augstumaler Moor; dieser mag wohl nur als Zufluchtsstätte gedient haben, da keine Spuren menschlicher Tätigkeit dort zu finden sind. Jetzt ist von ihm nicht mehr viel zu sehen, da er durch das fortwährend höher wachsende Moor fast ganz eingeebnet ist.
  
  In dem Kreise Pogegen treffen wir, abgesehen von den Burgbergen bei Ackmonischken und Coadjuthen, erst wieder östlich von Piktupönen, besonders in der Willkischker Gegend an. Diese Gegenden sind also wieder dichter bewohnt gewesen. In der weiten Memelniederung (Elchniederung) dehnte sich ein ungeheurer Urwald mit anschließenden Sumpf- und Moorflächen und diesseits der Memel bis nach Pogegen und Piktupönen eine öde Wildnis aus, alles Landstriche, die in alter Zeit überhaupt nicht bevölkert waren.
  
  Nach den Altertumsfunden muß die Bevölkerung jener Zeit nicht allein auf verhältnismäßig hoher Entwickelungsstufe gewesen sein, sondern wird auch eine gewisse Wohlhabenheit besessen haben. Davon zeugen z.B. die häufigen römischen Münzen. Solche hat man bei Nimmersatt, Prökuls, Wilkieten, Heydekrug usw. gefunden, bei Oberhof, nicht weit von Tauerlauken, neben römischen auch arabische Münzen. Diese Geldstücke sind in der Eisenzeit infolge des Bernsteinhandels hierher gelangt. (Quelle: Meyer, Richard (Kreisschulrat in Heydekrug): Heimatkunde des Memelgebietes, Robert Schmidt´s Buchhandlung, Memel 1922, S. 88 f)
  Von 700 n.Chr. bis zur Ankunft der Deutschen
  
   Ab 700 n.Chr. Das Memelland orientiert sich nach Norden. Es entwickelt sich eine eigenständige Memelland-Kultur (man bleibt im Gegensatz zu Altpreußen bei der Hockerbestattung, erst im 9.-10.Jh. kommt durch skandinavischen Einfluss die Leichenverbrennung). Die Memel-Kultur weitet sich nach Osten aus.
  
   Ab 850–1000 n. Chr (Wikingerzeit):* Dänische Einfälle bei den Kuren. Die Kuren machen ihrerseits Beutezüge bis Dänemark und Island (Erwähnung in der Island Saga). Die Schalauer bilden das Königreich Russ, Feindseligkeiten mit Dänemark, gegenseitiger Menschenraub.
  
   10.-11. Jahrh. n.Chr. Die Feindseligkeiten mit den Skandinaviern hören auf, statt dessen gibt es regen Handel und kulturellen Austausch: Bronzeschmuck fast barock und bizarr, deutet auf regen Erfindergeist. Wikinger-Kämpfer setzten sich als Kaufleute im Memelland nieder. Die Schalauer unterhalten Heiratsbeziehungen mit Dänemark (König Knut, 854 n. Chr literarische Quellen der Dänen). Die memelländische Eigenkultur steht in höchster Blüte.
  
  
  Deutsche Zeit von 1252 bis 1945
  Von 1252 bis 1525 - die Ordenszeit
  Ordensland 1410
  Das Komtursiegel von 1409 symbolisiert die drei ältesten Memeler Kirchen: Stadtkirche St. Johannis links, Burgkapelle St. Marien Mitte, Landkirche St. Nikolai rechts.
  
   1125-26 Der Deutsche Ritterorden kommt in das spätere Ostpreußen.
  
   1252 Memel wird vom Livländischen Schwertritterorden gegründet. Memel gehörte zu dieser Zeit noch nicht zu Preußen, sondern zu dem von Riga aus verwalteten Gebiet des Schwertritterordens.
   1254: Die Städte Lübeck u. Dortmund wurden gebeten, ihre Stadtrechte zu übersenden.
   1257/58: Memel erhält lübisches Recht. (Erst 1475 bekam Memel wie die übrigen preußischen Städte das Kulmer Recht (kölmisches). Feindliche Szemaiten brannten die Stadt mehrfach ab.
   1258 wird die St. Johannis-Kirche (Stadtkirche) durch Burchard von Hornhausen zur Pfarrkirche und die St. Nikolai-Kirche (Landkirche) zur Mutterkirche erhoben. Beide Kirchen standen damals nebeneinander am Südufer der Dange in der Nähe des Aschhofs.
   1290 wird mit dem Bau des Domes St. Marien (Burgkirche) begonnen. Er lag außerhalb der Ordensfeste in der Vorburg im Areal des Kurländischen Domkapitels.
   1298 siedelt das Domkapitel nach Windau/ Lettland um.
   13. Jahrh.: Die Kuren: Schiffsbau entwickelt sich. Wikingerschiffe sind Vorbild für Kurenkähnen. Wegen feuchter werdenden Klimas wandern die memelländischen Südkuren ab nach Lettland zu ihren nordkurischen Stammesbrüdern. Wikingerhäfen: Gefahrlose Plätze wie das Kurische Haff und Russ, dort auch Wikinger-Kolonien. Frauengräber: Weisen auf sorgfältige Körperpflege, besonders der Haare. Männergräber: Männer tragen langes Haar. Memelländische Männer tragen bis ins 20.Jh. den Spitznamen „die Langhaarigen“. Schmuck: Massig und schwer. Im Gegensatz zu Altpreußen, das sich im Krieg mit den Slawen und dann mit dem Ritterorden befindet, hat das Memelland eine ruhige Zeit mit den Wikingern.
   1328 die Komturei Memel wird vom livländischen Ordenszweig abgetrennt und mit dem preußischen Ordenszweig vereinigt. 2/3 gehen an den deutschen Orden, 1/3 behält der Bischof von Kurland.
   1330-1340 Bau der Ordensburg zwischen den beiden Armen der Dange nach dem Vorbild der Anlage in Riga.
   1392 Der Bischof von Kurland und sein Kapitel traten dem Orden ihr Drittel der oft von den Heiden zerstörten Stadt für das Schloss Neuhausen, östlich von Hasenpoth, ab (29.6.1392). Der Pabst gab dazu seine Bestätigung (1.4.1394). Seitdem gehörte die Stadt Memel dem Orden allein.
   1406 Erste ostbaltische Einwanderer ins Memelland aus Zemaiten (nicht aus Litauen)
   14. bis 15. Jahrhundert: Mit Einführung des Christentums hören Bodenaltertümer auf. Statt dessen gibt es schriftliche Zeugnisse, die vom Sieger geschrieben wurden. Unterschiede zwischen christlichen und heidnischen Glauben, Riten und Totenkult: Heilige Perkunas-Wälder und der Rombinus werden gerodet, Tote müssen ohne Beigaben bestattet werden. Grabhügel (damit die Seele besser zu den Göttern kann) werden verboten, statt dessen eingezäunte Friedhöfe mit Reihengräbern. Verbrennung wird verboten, statt dessen Skelettbestattung (man hilft sich auf der Nehrung, indem man die Leichen mit brennender Holzkohle überschüttet; Neuhaus/ Pillkoppen u. Rossitten). Grabtafeln werden verboten (man hilft sich, indem man sie mit christlichen Symbolen anreichert). Auch die Pferdebestattung wird verboten. Das Heidentum hält sich im Memelland, besonders bei den Kuren bis 1945.
   Im Gegensatz zu Altpreußen gibt es im Memelland weniger Schlossberge und Burgwälle mit Holzpalisaden sowie u. Gestrüpp-Barrieren (außer in Wartulischken/ Pogegen etwa aus der Bronzezeit)
   Der Orden brachte aus dem Orient und Italien das rechteckige Kastell mit, zunächst aus Holz, später aus Ziegeln (Deegeln/ Memel). Schlossberge werden durch Ordensburgen abgelöst. Die Bevölkerung mied sie, und das Land um sie herum blieb unbeackert. (Schlossberg = Pillkallnis). Das Vieh allerdings weidete dort. Im Volksglauben rankten sich Legenden um Schlossberge und Grabhügel. Archäologen brauchten nur im Volk zu fragen, wo es spukt, dann hatten sie den Platz gefunden.
  
   Die Kuren wandern ins Memelland zurück, haben aber ihre eigene Sprache verloren und sprechen lettisch-kurisch = nehrungs-kurisch. (Immanuel Kant: Vater Kure).
  
   Memelland-Kultur: Im Memelland hat seit ca 700 n. Chr kein Bevölkerungswechsel stattgefunden: Fortlaufende Belegung der Friedhöfe, Formenschatz gleichbleibend, jedoch Anregungen aufnehmend. Bei Konflikten und Kontakten kein Kulturabbruch wie in Altpreußen. Beibehaltung versteckten Heidentums bis 1945. Deutliche Unterschiede zu Alt-Litauisch: Bestattungsbräuche, Schmuck, Fibeln usw. Kurisch: Südliche Grenze bis zum Minge-Fluss. (kurisch: Dange = gebogen; Klaipeda = Flachgrund; Memele/ Mümmel = Haff. Prußisch-schalauisch: Südlich der Minge, beidseits der Memel u. des Memeldeltas (prußisch: Russ, rusne = umflossen; Tilsit, tilszus = sumpfig; Ragnit, ragas = Horn, Landzunge, Hereinragendes). Die Schalauer sind nach Grabfunden den Alt-Kuren zuzuordnen, linguistisch nehmen sie eine Zwischenstellung zwischen prußisch, kurisch und und szemaitisch ein. Im Memelland gibt es keine finnische Urbevölkerung und auch keine litauische.
  
   1410 Schlacht von Tannenberg: Ein polnisch-litauisches Heer besiegt den Deutschen Ritterorden.
   1413 Schriftliches Zeugnis des französischen Gesandten Ghillebert de Lannoys über Kinder „abtaufen“, wenn sie Schrei-Kinder waren, über Heirats-, Beerdigungs-, Aussaat- u. Ernteriten, über -Žemynele-Huldigung bei allen Feiern
   1422 Friede von Melnosee, Verzicht auf Szameiten. Litauen erhält das kurische Polangen (Palanga kurisch: am Sumpf) und erstmals Zugang zur Ostsee. Die Grenze zwischen Ostpreußen und Litauen blieb seitdem bis 1920 unverändert.
  
   Der Wildnischarakter des heutigen Memellandes in der Zeit um 1400 wird nicht nur durch die Teilungsurkunde 1392 sehr deutlich geschildert, sondern auch durch den Wortlaut des Friedensvertrags am Melnosee bestätigt.
  
   Das große Zinsbuch für die Jahre 1414, 1422 und 1437 (Fol. 131) erscheinen keine Angaben über irgendwelche ländliche Bevölkerung oder Grundzins oder sonstige auf Grundzins beruhende Dienstleistungen. Dasselbe Bild zeigt sich bei den Schadenbüchern. Sie erwähnen nur Schaden der Bevölkerung vor den Burgen oder Schaden der Fischer usw., nie jedoch Schaden einer wirklich auf dem flachen Lande sitzenden Bevölkerung.
  
   Das Memelland war um 1400 bis zum Zweiten Thorner Frieden bis auf die Burgen und ihre unmittelbare Nachbarschaft und einiger Krüge völlig siedlungsleer gewesen.
  
   Am 19. Oktober 1466 wurde der Zweite Frieden von Thorn zwischen dem Deutschen Orden und dem Königreich Polen geschlossen.[2]
  
   Langsames Eindringen der Szemaiten und Litauer. Zunächst vereinzelt und namentlich gekennzeichnet als Littau, Litwinas, Szemait, Zameit usw (in einer Zeit, als man mit Vornamen noch auskam).Der Orden deckt litauische Flüchtlinge gegen ihre polnisch-litauischen Adelsherren und liefert sie nicht aus. Die Litauer wurden nachweisbar vom Orden angesiedelt. Der Zustrom der Litauer u. Szemaiten hält an bis in die russisch-litauische Zeit. Simon Dachs Vater war Baumeister in Memel und Dolmetscher für Litauisch. Die Kirchen in Memel dienten zunächst der kurischen, später der litauischen Bevölkerung.
   1456/57 fallen Danziger mit Kriegsschiffen in Memel ein, plündern und werfen die Dangemündung voll Müll.
  
   1474 wurde Johann von Tiefen Komtur von Memel.[3]
  
  Von 1525 bis 1722 - die Zeit des Hauptamts
  Rot: Alte Lage 1 = Dom St. Marien; 2 = Landkirche St. Nikolai; 3 = Stadtkirche St. Johannis. Grün: Neue Lage 4 = Stadtkirche St. Johannis; 5 = Landkirche St. Nikolai (später St.Jakobi); 6 = Reformierte Kirche; 7 = Katholische Kirche. Blau: die Alte Dange mit Mühlengraben
  
  
   1520 versenkten die auf die aufstrebende Stadt Memel eifersüchtigen Danziger ganze Schiffladungen voll Ziegelsteine in der Dangemündung, so dass die Navigation bis 1814 schwer beeinträchtigt war.
   1525 wurde aus dem Ordensstaat Preußen ein weltliches Herzogtum unter Albrecht v. Brandenburg. Der letzte Hochmeister wurde zum ersten Herzog. Aus den Kompturen wurden Hauptämter. Im Memelland zum Hauptamt Memel und Hauptamt Ragnit. Die Veränderungen waren hauptsächlich religiöser Natur. Der Protestantismus verdrängte die katholische Kirche. Luthers Lehre war hier auf fruchtbaren Boden gefallen.
   Erst der Krakauer Friede vom 8. April 1525 schuf die Möglichkeit zu einer Kolonialisation in größerem Umfang.
   Ab 1627 wird die Ordensburg Memel zur Zitadelle umbegaut.
   1629-1636 Besetzung des Hauptamtes Memel durch die Schweden. Memel wird umgestaltet und erhält Bastionen.
   1635-1685 wird die Alte oder Kleine Dange zugeschüttet.
   1638 Ab dieser Zeit kam es verstärkt zu Verschreibungen von amtseigenem Grund und Boden. Charlottenhof und Groß Tauerlauken hatten schon adelige Rechte. Nun wurden weitere adelige Güter geschaffen.
   1667 durfte ein Privathaus zur Abhaltung von Gottesdiensten der Reformierten Gemeinde angekauft werden, das jedoch abbrannte.
   1679 Einfall der Schweden: der Große Kurfürst kommt persönlich über das Eis des Kurischen Haffes. Er richtet Botenkurse zweimal wöchentlich zwischen Memel und Kleve ein. Die Route verläuft über die Nehrung und Königsberg nach Berlin bis nach Kleve am Rhein. Der reformierte Fürst siedelt Niederländer, Schotten, Engländer u. Hugenotten in Memel als Kaufleute an. Die früher für das Weichsel- u. das Königsberger-Gebiet angeworbenen Friesen werden für die Niederung und das Memelland angeworben, um auch dort Sümpfe trocken zu legen und landwirtschaftliche Stellen zu schaffen. Alle Einwanderer dürfen eigene Kirchen unterhalten: „Suum cuique“ = „Jedem das Seine“ oder (unter Ordenszeiten) „Gerechtigkeit gegen Jedermann“. Preußen wird zum ersten modernen Rechtsstaat des Kontinents.
   1681 Grundsteinlegung der Reformierten Kirche am Südufer der Alten Dange. Neubau der St Nikolai-Kirche direkt gegenüber, nachdem das alte Gebäude am Südufer der Großen Dange baufällig geworden war.
   1683 Fertigstellung der Reformierten Kirche.
   1686 wird die Zitadelle erweitert.
   1696 wird die St. Johannis-Kirche nach der Verheerung Memels durch die Schweden an der Marktstraße neu aufgebaut, etwas südlicher als ihr alter Standort an der Großen Dange.
   1709-10 An der Großen Pest sterben 40 Prozent der Bevölkerung Nordostpreußens. Die Pest in Memel fordert 2000 Tote. Russische Truppen stehen in Polen u. Litauen und bestimmen den politischen Kurs, den auch Memel zu spüren bekommt. Kurland und Litauen sind von 1795-1915 Teil Russlands.
  
  Von 1722 bis 1818 - die Zeit der Domänenämter
  
   1722 Die Hauptämter wurden in kleinere Domänenämter geteilt. Das Hauptamt Memel zerfiel nun in die Domänenämter Amt Althof, Amt Klemmenhof, Amt Prökuls, Amt Heydekrug und das frühere Kammeramt Amt Ruß.
   1724 Generalpächter pachten die Domänenvorwerke nebst Brauerei und Brennerei. Sie zogen Steuern und Zinsen ein und erhielten ab 1725 auch die Rechtsprechung in Zivilsachen über ihre Untertanen.
   1732 kommen die aus Salzburg vertriebenen evangelischen Glaubenflüchtlinge an. Einige wenige kommen auch nach Memel, kurz nach der Mitte des 18.Jahrhunderts siedeln sich weitere Salzburger Familien im Gebiet des späteren Memellandes an.
   1756-63 Siebenjähriger Krieg: Die Russen holzen den Nehrungswald ab, Ortschaften werden verwüstet und müssen neu besiedelt werden. 10.000 Russen belagern die Festung Memel, 110 Häuser werden zerschossen. Trotz Zusicherung freien Geleites werden preußische Soldaten nach Russland verschleppt.
   1758-1762 Kaiserin Elisabeth v. Russland annektiert im Rahmen des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) Ostpreußen und damit auch das Memelland. Die Russen bringen Flecktyphus mit, an dem im Hauptamt Memel 8.000 Menschen sterben.
   1770 Friedrich der Große gibt die Festung in Memel auf.
   1782 Bau einer hölzernen katholischen Kirche für die zugezogenen zemaitischen Arbeiter (Ecke Töpferstraße). 1784 erfolgte die Weihe.
   1799 Abtragung des zu schwerfälligen Turmes der katholischen Kirche.
   1806 Bau der katholischen Kirche in Memel. Memel ist die einzige preußische Stadt, die nicht von Napoleon erobert war.
   1807-08 Memel wird im Kampf gegen Napeleon kurzfristig Königssitz des dorthin geflohenen preußischen Königspaares (König Friedrich Wilhelm III. u. Königin Luise). Königin Luise interessiert sich für die Kultur der preußischen Litauerinnen und seitdem gibt es besonders im Kreis Memel eine große Verehrung der Königin Luise. Die Stadt Memel hat zu dieser Zeit 5.080 Einwohner. Die Wohnungsprobleme für Hof und Militär sind erheblich, auch wenn die Stadt davon profitiert. Der Schmuggel blüht wegen Napoleons Kontinentalsperre. Trotzdem gibt es viele Arme u. Bettler. Die Lage wird unter der Anwesenheit napoleonischer Truppen für das Königspaar so bedrohlich, dass eine Emigration nach Russland erwogen wird.
   Königin Luise regt nach ihrer Rückkehr die Aufholzung der verwüsteten Wlder an: Plantagen in Mellneraggen u. Försterei. (Volksmund: Königin Luise hat die Plantagen bepflanzt)
   Nach Abrücken der Franzosen rücken die Russen ein und werden von der Bevölkerung als Befreier gefeiert.
   1812 Neubau eines Turmes für die katholische Kirche, weil sich die Schiffer an den Turm als Landmarke gewöhnt hatten.
  
  Von 1818 bis 1918 (Restauration und Kaiserzeit)
  
   1818: Die neue Kreisordnung tritt in Kraft. Heydekrug wird Kreisort.
   1820: Memel erlebt wirtschaftliche Aufschwung
   1831: Cholera in Heydekrug
   1834: Gründung des Landwirtschaftlichen Vereins (Anschaffung u. Erprobung von Maschinen, Tierschauen, Pferderennen, Geselligkeit
   1841: 1. Dampfschiff auf der Memel
   1841: Baptisten lassen sich in Memel nieder und bauen eine Kirche am Neuen Park neben dem Luisengymnasium.
   1842: 1. Käsefabrik (Schweizer Siedler, Salzburger und Friesen verbesserten die einheimischen Rezepturen)
   1842: Chausseebau Memel-Tilsit (kommt lange Jahre nur schrittweise voran)
   1844: Erste Apotheke in Prökuls
   1845: Als Rathaus für die Stadt Memel wurde das Consentiussche Anwesen in der Börsenstraße gekauft.
   1845: Bau des Gerichtsgebäudes in Heydekrug.
   1847: Erster Landbriefträger, 2x wöchentlich
   1848: Auswirkungen der Revolution in Schmelz und Prökuls
   1848-1880: Immer wieder Lepra-Epidemien. Um Memel herum 36 Erkrankungen.
   1849: Gründung der Zeitung "Memeler Dampfboot".
   1852: Erster Kreisarzt nach langem Suchen.
   1853: Am 1.Oktober wird das letzte Teilstück der Chaussee Memel-Tilsit fertiggestellt.
   1854 Ein besonders schwerer Brand in der Geschichte der zahllosen Brände wütet in Memel; Neubau weiter Teile der Altstadt. Der Brand auf den Holzplätzen an der Dange macht 3.000 Menschen obdachlos. Die danach wieder errichtete Altstadt prägt bis heute das Stadtbild.
   1855: Telegraphenverbindung Tilsit-Memel
   1856: Bernsteinfunde in Prökuls
   1856/58: In Memel wird die St Johanniskirche in der Marktstraße unter Benutzung der alten Mauern als dreischiffige gewölbte Hallenkirche neu errichtet.
   1856/58: In Memel wird die 1686 in die Friedrich-Wilhelm-Straße verlegte alte Landkirche St. Nikolai neu erbaut. Nach der Abtrennung des Memellandes wurde sie zur Jakobuskirche.
   1857: Synagoge mit Badehaus in Ruß.
   1857: In Memel wird ein Neubau für das beim großen Brand im Okt.1854 vernichtete Theater in Memel errichtet.
   1860: Bernsteinbaggerei in Schwarzort auf industrieller Grundlage
   1860: Die ersten 4 Landbriefkästen
   ab 1860: Planmäßige Pferdezucht
   1860: In Memel Bau der Markthalle aus Holz durch den Kaufmann Wiener. Brannte aber 1892 wieder ab und wurde 1899/1900 massiv wiedererbaut.
   1860: Neubau eines Gerichtsgebäudes in der Holzstraße
   1860/61 Bau der Gasanstalt
   1862: 1. Remonte-Markt in Prökuls (Pferde für das Militär)
   1862: Heydekrug Telegraphenamt
   1862: Die evangelische Kirche in Dawillen wird eingeweiht.
   1862: In Memel erfolgt am 10. August die Grundsteinlegung für den Neubau der katholischen Kirche.
   1863: Am 2.8 wird die Anglikanische (Englische) Kirche in Memel Holzstr./Ecke Rosenstr. wird eingeweiht.
   1863: Der heute noch vorhandene Leuchturm in Windenburg ersetzt eine Bake.
   1863: Am 3. September feierliche Weihe der neuen katholischen Kirche, die an Stelle der alten hölzernen Kirche errichtet wurde.
   1863-1873: Der König-Wilhelm-Kanal wird errichtet, um den Flößern die schwierige Umschiffung des Windenburger Ecks zu ersparen. (Erste Planung erfolgte schon 1765)
   1866: Die Kirche in Wieszen wird eingeweiht.
   1866: Neue Befestigungsanlagen entstehen: das Plantagenfort (heute Sportstation), die Zitadelle (später "Aschhof") und das Wilhelmsfort in Süderspitze auf der Nehrung (heute Meeresmuseum).
   1867/68: Notjahre wegen schlechten Wetters und Missernten, neu gegründeter „Vaterländischer Frauenverein“ errichtet Notküchen
   1869: 1. Dampfdreschmaschine
   Fort (Festung) in der Plantage bei Bommelsvitte (heute Ölhafen)
   In Memel wird die Befreiung von der Erbuntertänigkeit verkündet.
   In Memel beginnen die preußischen Reformen.
   1871 Deutsche Reichsgründung: Memel nördlichste Stadt, Nimmersatt nördlichster Ort Deutschlands. Demokratisches Wahlrecht: Allgemein, frei, gleich u. geheim (aber nur für Männer).
   nach 1871: Im Zeichen des Bismarck´schen Nationalismus und seiner Minderheitenpolitik kommen Spannungen zwischen Memelländern und Litauern auf (analog zwischen Masuren u. Polen). In Tilsit werden "kleinlitauische" Kulturvereine und Zeitungen gegründet. Von der preußisch-litauschen Bevölkerung werden lediglich die kulturellen, nicht aber die politische Angebote akzeptiert. Wegen des zu großen kulturellen und politischen Unterschieds und wegen der unterschiedlichen Religionen wird ein Anschluss an Litauen abgelehnt. Aus dieser Bewegung entsteht 1879 der heutige "Kleinlitauische Rat". Der Begriff "Kleinlitauen" ist nicht korrekt, weil es ein "Großlitauen" seit Mindaugas (1203-1263) nicht mehr gegeben hat. Litauen war "Russisch-Litauen" und russisch unterjocht, während "Preußisch-Litauen" zu Preußen gehörte und die preußisch-litauische Bevölkerung loyale preußische Untertanen waren, die alle Rechte genossen!
   1873 Der König-Wilhelm-Kanal wird eröffnet, um den Flößern die schwierige Umschiffung des Windenburger Ecks zu ersparen.
   1874: Bau der Kaiserlichen Post
   1875: Nidden Leuchtturm
   1875: Tilsit Memelbrücke
   1875: Anbindung Memels an das Eisenbahnnetzes über Heydekrug, Pogegen, Tilsit.
   1878: Schmalleningken erhält eine Kirche.
   1879: Gründung „Littauische litteräre Gesellschaft“ in Tilsit, aus der der „Kleinlitauische Rat“ hervorgeht.
   1881: Erziehungsanstalten in Bachmann und Gropischken für elternlose Bettelkinder.
   Sozialgesetzgebung
   1881: In Memel Bau von Luisen-Gymnasium, Hotel Viktoria, Rathaus.
   1882: Bahnhof in Memel.
   1884: Trakseden Torfstreufabrik
   1884: Memel Kreisheilanstalt
   1884/85: Bau der Kirche in Schwarzort, nachdem die alte Holzkirche abgebrannt war.
   1886: Rucken erhält eine Kirche.
   1887: Weiterer Ausbau des Straßennetzes.
   1887: Kirche in Laugszargen.
   1888: Einweihung der Kirche in Nidden.
   1888: Fertigstellung des Kreiskrankenhauses am Steintor in Memel.
   1891: Bau des Luisen-Gymnasiums in Memel.
   1892: Die Eisenbahnstrecke von Memel nach Bajohren wird fertiggestellt.
   1893: Neue (gotische) Post in der Alexanderstraße wird bezogen.
   1893: Memel Navigationsschule
   1894: Bommelsvitte Fischereihafen am Walgum
   1895: Epidemie einer ägyptischen Augenkrankheit [470 erkrankte Kinder im Landkreis Memel].
   1896: Das Kirchspiel Plicken erhält eine Kirche.
   1897: Landwirtschaft: Gründung Raiffeisen-Darlehenskassen, verbilligte Angebote Düngemittel, Saatgut, Fischnetze
   1897: Auf Veranlassung von Prof. Dr. Robert Koch wird der Bau einer Lepraheimes in Memel-Plantage beschlossen.
   1899: Paleiten erhält eine "Jubileumskirche".
   1899: Einweihung des Lepraheims in der städtischen Plantage. Bei der Einweihung im Juli wurden 15 Kranke aufgenommen. 1944 waren noch 5 Kranke anwesend. Sie wurden im Oktober 1944 kriegsbedingt nach Königsberg verlegt. Das Lepraheim wurde zerstört.
   ab 1900: Das wirtschaftliche Schwergewicht liegt auf dem Ausbau von Kleinbahnen
   1900-1902: Perwelk Leuchtturm
   1900-1902: Bau der Südermole an der Nordspitze der Nehrung.
   1900-1902: Bau des städtischen Krankenhaus in Memel Parkstraße aus Mitteln des Kaufmanns Wiener. (nach ihm benannt die "Wieners Promenade")
   1903: Paszieszen wird Kirchort und erhält ebenfalls eine der Jubileumskirchen.
   1903: 1. Motorkutter auf dem Haff.
   1903: In Mestellen wird eine Baptistenkapelle gebaut. Gemeindemitglieder 130 Personen.
   1904: Nidden Bau von Hafendamm und Mole.
   1904: Auch Nattkischken erhält eine der zwölf ostpreußischen Jubileumskirchen.
   1904: Am 18. August wird in Memel der elektrische Straßenbahnbetrieb aufgenommen.
   ab 1904: Planung Melioration (Entwässerung), Gründung von Entwässerungsgenossenschaften, Bau von Vorflutern und Deichen zur Verbesserung der Bodenqualität.
   1906: Inbetriebnahme der Kleinbahnstrecken von Memel nach Laugallen und Plicken.
   1907: Die Königin Luise Brücke über den Memelstrom vor Tilsit wird nach dreijähriger Bauzeit vollendet.
   1907: Am 23. September erscheint Kaiser Wilhelm II zur Einweihung des Borussiadenkmals in Memel.
   1908: In Memel wird die alte hölzerne Karlsbrücke durch eine moderne , elektrisch betriebene Klappbrücke ersetzt.
   1909: Die Kirche von Kairinn wird eingeweiht.
   1909: Bau der Kirche in Wannaggen.
   1911: Landwirtschaft: Kör-Ordnung, Milchkontroll-Vereine, Prökulser Schafe sind deutschlandweit ein Qualitätsbegriff, Schafzucht im Rückgang
   1908-1911: Bau des Königlichen Lehrerseminars, des Auguste-Viktoria-Lyceums als modernste Schule des Reiches (heute Konservatorium), der Kasernen (heute Universität)
   1912/13: Bau der Kleinbahn Heydekrug - Kolleschen.
   1913: Entwässerung des Iszlusze-Moores, Schaffung von Siedlerplätzen
   1914: Der Landrat erhält ein Dienstauto
   1914-18 Erster Weltkrieg. Einfall der Russen 1914/15 in das spätere Memelland. Brandschatzung von Gütern, öffentlichen und privaten Gebäuden, Greueltaten und Besetzung Memels, Flucht der Bevölkerung und Verschleppung der verbliebenen Zivilbevölkerung durch russische Behörden nach Sibirien (besonders aus den Kreisen Tilsit und Ragnit).
  
  Von 1918 bis 1923
  Karte des Memellandes, seiner Kreise und Kirchspiele während der Abtrennungszeit 1920-1939
  
   1918 Friede von Brest-Litowsk. Das Land Litauen erhält von Deutschland und Russland das Selbstbestimmungsrecht und wird als eigenständiger Staat anerkannt.
   1918: Ein kleiner Kreis sogenannter „Kleinlitauischer“ Aktivisten aus dem Memelland gründen den „Nationalrat der Kleinlitauer“ und fordern den Anschluss an Litauen.
   1919: Litauen selbst fordert das Memelland als „urlitauisches“ Gebiet. Polen allerdings fordert ebenfalls das Memelland und hätte sich am liebsten auch Litauen einverleibt.
   1920: Am 9. Januar tritt der Versaillervertrag in Kraft. Das Memelgebiet wird nach den Entscheidungen des Versailler Vertrages den Entente-Mächten unterstellt. Das Memelland wird noch nicht den Litauern unterstellt, weil Litauen noch nicht rechtlich anerkannt ist und weil die Franzosen das Memelgebiet lieber einem vereinten polnisch-litauischen Staat übergeben wollen. Die deutschen Ordnungstruppen müssen das Memelland räumen.
   Unter polnischem Einfluss u. wegen der antideutschen Einstellung Clemenceaus reift in Litauen der Entschluss „die armen versklavten Litauer in Ostpreußen aus dem deutschen Joch“ befreien zu wollen.
   10.1.1923 litauische Freischärler fallen in das Memelgebiet ein.
   Am 27.1.1920 wurde das Memelland vom Deutschen Reich abgetrennt und der Völkerbundsverwaltung (Französisches Mandat) unterstellt. Eine kleine französische Besetzung kommt nach Memel (General Odry, Zivilkommissar Petisné)
   Solange die Möglichkeit einer polnisch-litauischen Konföderation besteht, unterstützt Polen die Bemühungen Litauens um das Memelgebiet. Polen konnte deshalb im Baltikum so aktiv werden, weil die wirtschaftlichen u. politischen Aktivitäten Deutschlands u. Litauens eingeschränkt waren. Litauen wurde wegen des nicht-gelösten Wilna- Konflikts rechtlich nicht anerkannt.
   1921: Die „Arbeitsgemeinschaft für den Freistaat Memel“, die auf Initiative des „Deutsch-Litauischen Heimatbundes“ gegründet wurde, veranstaltet eine Befragung: Von 71.856 Wahlberechtigten sprechen sich 54.429 für einen Freistaat aus (also gegen eine Anschluss an den neuen Staat Litauen).
   1922: In Litauen beginnt die Planung einer militärischen Besetzung des Memellandes. Die Stadt Memel ist zu 93% deutsch; im Memelgebiet machen jedoch die Preußisch-Litauer insgesamt 63% der Bevölkerung aus, trotzdem wollen sie keine Verbindung zu den in ihren Augen rückständigen und im Gegensatz zu ihner in der Mehrheit protestantischen Konfession katholischen Litauern, deren Hochsprache sich auch von dem im Memelland üblichen Preußisch-Litauisch unterschied.
   1922: Ministerpräsident Galvanauskas informiert der deutschen Botschafter, das Memelland zu besetzen. Deutschland signalisiert Zustimmung (um die Litauer im Widerstand gegen Polen zu stärken).
   1922: Galvanauskas beginnt „Operation Memel“ zu planen und zieht den litauischen Schützenbund hinzu. Simonaitis war gerade von der Botschafterkonferenz in Paris zurückgekommen und berichtet von dem Beschluss einen Freistaat zu errichten. Er erklärt den Litauern, dass die Memelländer praktische Materialisten seien, sich passiv verhielten und niemals einen Aufstand initiieren würden.
   1922: Die Litauer beginnen im Memelgebiet den Aufbau örtlicher Schützenverbände. Eine Rolle spielt dabei der „kleinlitauische“ Verband „Santara". Es waren geheime litauische Ortsgruppen, mit dem Ziel, das Nationalbewusstsein der „Kleinlitauer“ zu stärken, sie zu „befreien“ und „mit dem großen Bruder natürlich zu vereinen“.
   Gründung eines Memeler Schützenbundes unter der Leitung Kumietis aus Kaunas. Die Litauer erhalten von Deutschland 1500 deutsche Gewehre u. 5 leichte Maschinengewehre u. viel Munition zu günstigen Bedingungen. Galvanauskas zahlt aus einem geheimen Fond.
   Beim Aufmarsch der litauischen Kämpfer mischt sich deutsche Polizei nicht ein.
  
  Annexion durch Litauen 1923-1939
  
   1923 wurde das Memelland durch als Zivilisten getarnte litauische Freischärler besetzt, die französischen Mandatstruppen vertrieben und später das Gebiet von Litauen annektiert.
   Beim Aufmarsch nahmen kaum Einheimische teil. Budrys, ein Landwirt aus Pogegen lehnte die Leitung des Aufstandes ab. Povilaitis nahm später dessen Namen an, um sich als Memelländer auszugeben.
   Die wirtschaftliche Situation in Litauen war günstig. Wegen der Inflation freute man sich in Litauen, dass die Abwertung der deutschen Mark den Anhängern an Litauen mehr Zulauf bringen würde als die beste Agitation. Im Memelland stieg der Brotpreis, das Warenangebot war knapp, so dass die Memelländer die Einführung des Litas begrüßten.
   Nach Bekanntwerden des Freistaat-Status beschloss Galvanauskas die Vorbereitungen für den Einmarsch.
   Das „Komitee zur Rettung Kleinlitauens“ verteilte Flugblätter in deutscher Sprache „gegen eine Umwandlung des Memelgebietes in eine polnische Kolonie“, man solle „das kleinere Übel“ Litauen wählen. Hauptaufgabe der litauischen Schützenverbände war es, die Teilnahme der litauischen Armee am Aufstand zu verschleiern.
   Zahl der litauischen Kämpfer: 2.000 – 3.000 Soldaten (viele falsche Zahlen im Umlauf)
   Zahl der französischen Verteidiger: 200 Soldaten mit 20 –25 Maschinengewehren
   Litauische Kompanien werden mit der Eisenbahn an die Grenze des Memelgebietes gebracht. Im Zug erst zieht man Zivilkleidung an, die allerdings einheitlich ist. Für einige Soldaten reicht die Kleidung nicht, so dass sie aussteigen müssen.
   Galvanauskas Befehl: Höflicher Umgang, kein Plündern, Trinken und keine politischen Reden. Litauische Dokumente sowie alle Dinge, die Hinweise auf die litauische Identität geben könnten (Streichhölzer, Tabak) in Litauen lassen.
   Flugblätter in deutscher Sprache strotzen vor Barbarismen u. Litauismen, so dass daraus zu schließen ist, dass sie von Litauern verfasst wurden
   Litauer kommen ins Memelland, zuerst nach Heydekrug, weil dort die Bevölkerung einen größeren preußisch-litauischen Anteil hat als in Memel. Die Bevölkerung verhält sich trotzdem passiv.
   Befehl von Kaunas, Memel zu besetzen (von Süden her)
   Einmarsch in Memel. Nur die Kasernen bleiben in französischer Hand.
   Zahl der Toten wird von Litauern stark übertrieben. Tatsächlich 10 Litauer, aber auch 2 Franzosen u. 1 deutscher Gendarm
   Reguläre Truppen werden nach Litauen zurückgeführt
   Die litauische Regierung „bedauert“, dass sie den memelländischen Aufständischen nicht habe helfen können
   Polovinskas stellt eine Armee aus litauischen Schützen u. memelländischen Freiwilligen auf. Die Memelländer treten mehr aus pragmatischen Gründen bei, denn es wird ihnen ein Lohn von 2 Litas/ Tag gegeben, was auch in Kaunas negativ vermerkt wird.
   Litauische Reguläre werden alle 3 Wochen ausgetauscht, denn es sind meist Szemaiten, die vom litauischen Kommandeur abfällig als „Schmuggler“ bezeichnet werden.
   Um die wahren Umstände international zu kaschieren, verbreitet die litauische Nachrichtenagentur, dass weder reguläre noch irreguläre Truppen die Grenze zum Memelgebiet überschritten haben.
   Für Litauen war die Besetzung des Memellandes ein mutiger Schritt, der ein staatsbildender Faktor war. Trotzdem wurden die Versailler Verträge gebrochen.
   1923: Die Botschafterkonferenz erkennt die Angliederung als Faktum an.
   Die französischen Truppen (ausgerechnet Hochgebirgstruppen!) verlassen das Memelgebiet. Deutschland war eine litauische Souveränität lieber als eine französische.
   Die Memelländer können für Deutschland oder Litauen optieren. Die meisten optieren für Deutschland und gehen nach Ostpreußen. (Weniger als 600 von 150.000 optieren für Litauen). Meist reichsdeutsche Beamte und Lehrer werden ausgewiesen (Siehe dazu die Ausweisungsliste 1933/34).
   1923-1937: 13000 Memelländer ziehen in das Deutsche Reich ab. In der gleichen Zeit wanderten 21000 Litauer in das Memelgebiet ein. Die restliche Bevölkerung des Memellandes erhielt litauische Pässe mit dem Eintrag "Bürger des Memelgebiets" als Nationalitätsbezeichnung.
   1924: Optionsvertrag. Memelländer, die für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren, werden ausgewiesen.
   Ab 1924 war das Memelland durch die Memelkonvention ein autonomes Gebiet unter der Souveränität Litauens; Amtssprachen waren Deutsch und Litauisch. Es gab starke Spannungen innerhalb der mehrheitlich deutschgesinnten Bevölkerung mit den eine Litauisierung anstebenden litauischen Behörden, die in der Verhängung des Kriegszustandes und einiger Schauprozesse gipfelten.
   Litauen versucht aus Memelländern Litauer zu machen.
   Massive Einwanderung von Litauern, meist aus der Unterschicht.
   Ehemalige Saisonarbeiter, die die Höfe ihrer einstigen Herren beziehen, wirtschaften das Land herab.
   1924: Trotz Industrialisierung u. Hafenausbau ständig Spannungen u. Konflikte mit Kaunas
   1924: Im Memeler Landtag nur zwischen 2 – 5 Sitzen (von 29) von litauisch Gesinnten Gewählten.
   1926: Einweihung der evangelischen Kirche von Heydekrug.
   1926–1938 Memelland im Kriegszustand. Selbst litauisch Gesinnte wie Ieva Simonaityte waren über das Unverständnis der "Groß-Litauer" für die örtlichen Belange verärgert.
   1929: Anstelle der 1900 erbauten bescheidenen Kirche erhält Ramutten eine neue Kirche.
   1930: Einweihung der Herder Schule in Heydekrug.
   1933: Zwei den Nationalsozialisten nahestehende memelländische Parteien werden neu gegründet: die CSA (Christlich Sozialistische Arbeitsgemeinschaft) und die SOVOG (Sozialistische Volksgemeinschaft)[4]. Zu den Landtagswahlen schließen sich die Parteien zu einer Einheitsliste zusammen. 1938 entsteht daraus der "Memelländische Kulturverband".
   1933: Der neue Kreisort Pogegen erhält eine Notkirche. 1938 wurde sie erweitert und mit einem Turm versehen.
   1934: Verbot der Parteien im Memelgebiet. 26 führende Mitglieder wurden verhaftet. Sie wurden im Dezember 1935 vom litauischen Kriegsgericht in Kaunas wegen angeblichen Aufstand zu hohen Strafen (sogar 4x zum Tod, aber nicht vollstreckt) verurteilt.
  
  Litauische Vorverhandlungen ab 1938
  
   1938 Wegen des polnischen Druckes kamen verantwortliche litauische Politiker zu der Überzeugung, das Verhältnis zu Deutschland zu verbessern. "So war Mitte September 1938 Legationsrat von Grundherr im Auswärtigen Amt zweimal von dem litauischen Journalisten -Chefredakteur des halbamtlichen ´Lietuvas Aidas`- Gustainas, der gute Beziehungen zum Staatspräsidenten Smetona, zum Ministerpräsidenten Mironas und auch zum litauischen Außenminister hatte, besucht worden. Von Grundherr berichtete, daß Gustainis sehr offenherzig die Befürchtung äußerte, die Memelbevölkerung könne das Selbstbestimmungsrecht und die Volksabstimmung verlangen. Für die Behaltung des Memelgebietes könne Litauen nicht seine ganze Existenz aufs Spiel setzen. Es sei besser, sich mit der deutschen Regierung ins Benehmen zu setzen, falls sie den Litauern Rechte am Memeler Hafen belassen würde. Deutliche Anzeichen, daß litauischerseits eine Bereitwilligkeit bestand, auch über das Memelgebiet hinaus Konzessionen zu machen, ergaben sich Anfang Dezember 1938. So wurde am 1. Dezember 1938 Dr. Kleist von der Dienststelle Ribbentrop, einem Privatbüro des Außenministers in seiner Eigenschaft als Ratgeber Hiltlers in außenpolitischen Angelegenheiten, von dem litauischen Generalkonsul in Königsberg Dymscha aufgesucht, um über das deutsch-litauische Verhältnis und insbesondere über das Memelgebiet zu sprechen." [5]
   1938 Am 1. November Aufhebung des Kriegszustands, darauf hin am 11. Dezember erste freie Wahlen. Wahlbeteiligung 97%; deutsche Einheitsliste 87.2%; litauische Listen 12,8%
   1938: Nach den Ergebnissen der freien Wahlen signalisiert Litauen seine Bereitschaft mit Deutschland zu verhandeln. Durch verstärkten Druck Polens auf Litauen findet Litauen in Europa nur bei der deutschen Regierung eine Hilfszusage (Ribbentrop) unter der Bedingung, das Memelland an das Deutsche Reich abzutreten. Unter diesen Bedingungen ist Litauen sofort bereit, auf das Memelland zu verzichten.
   1939: Am 21. März berichtete Urbschys dem litauischen Ministerrat, der nach fünfstündiger Beratung die deutschen Vorschläge annahm. Am 22. März wurden die Verträge unterschrieben und das litauische Militär aus dem Memelgebiet abgezogen.
   1939: Optionsvertrag. 1924 ausgewiesene Deutschland-Optanten dürfen zurück. Die Bevölkerung darf erneut optieren. Für die litauische Staatsbürgerschaft optieren 584 Personen, von denen bereits 130 in Kaunas leben.
   Am 30. März 1939 ratifizierte der litauische Seim einstimmig und ohne Stimmenthaltung das Dokoment, das auch die Errichtung einer litauischen Freihandelszone in Memel vorsah. Am 20. Mai 1939 wurde der Freihafenvertrag abgeschlossen. Litauen erhielt eine Freihafenzone in Memel zugesprochen. Die Errichtung eines Hafenbahnhofs war Litauen freigestellt.
  
  Wieder zu Deutschland 1939-1945
  
   1939 wurde das Gebiet wieder an das Deutsche Reich zurückgegeben und an Ostpreußen unter Bildung der Kreise Memel, Heydekrug und Tilsit-Ragnit (nördlich der Memel gelegener Teil) angliedert. Flucht der jüdischen Bevölkerung des Memellandes nach Litauen, meist in grenznahe Städte und Ortschaften. Deutsche Truppen marschieren ein.
   Am 23.März 1939 spricht Reichskanzler Adolf Hitler in Memel und wird umjubelt. Die Memelländer sehen nur ihre Befreiung und verkennen die totalitären Strukturen.
   1940: Hitler lässt 40.000 Litauendeutsche aus der Litauischen Sowjetrepublik nach Deutschland umsiedeln (bzw. in besetzte polnische Gebiete). Tausende Bewohner des Memellandes mit litauischer Identität und deutschsprachige Linke werden nach Osten abgeschoben.
   1941: Am 27. September erhält Heydekrug endlich die Stadtrechte.
   1941 Das Memelland wird, wie ganz Ostpreußen, Aufmarschgebiet gegen die Sowjetunion. Überfall auf die Sowjetunion. Ermordung der jüdischen Bevölkerung Litauens, darunter auch jüdische Flüchtlinge aus dem Memelland.
   Für die im Nachbarland Litauen meist seit dem 19.Jahrhundert lebenden Litauendeutsche beginnt jetzt schon der Verlust der Heimat: Hitler lässt 40.000 von ihnen aus der Litauischen Sowjetrepublik nach Deutschland umsiedeln (bzw. in besetzte polnische Gebiete)
   1941: Erster sowjetischer Luftangriff auf Memel.
   1944 im Oktober sollen Memel und das Memelland von deutscher Zivilbevölkerung geräumt werden, doch der Räumungsbefehl kommt zu spät.
   Die letzte Flucht im Kreis Memel beginnt am 08.10.1944.
   Die Sowjets erreichen bei Polangen die Ostsee und schneiden die Kurlandarmee ab.
   Im Süden bricht die Rote Armee am 09.10.1944 bei Heydekrug durch. Die Brücke über den Rußstrom bei Ruß wird von deutschen Pionieren gesprengt: Daraufhin gelingt tausenden Memelländern die Flucht nicht mehr, einige retten sich über das Haff und die Kurische Nehrung. Siehe Fluchtberichte aus dem Memelland.
   1945 Die rote Armee besetzt das noch bis in das Jahr 1945 als Brückenkopf verteidigte Memel. Nur wenige Deutsche leben noch in der durch Bomben und Beschuss stark zerstörten Stadt Memel. Der sowjetische Stadtkommandant kann nach vier Wochen nur 28 Deutsche in der Stadt registrieren. Litauer kommen über die Grenze in das Memelland und beziehen die ehemals deutschen Höfe und Wohnungen. Zurückkehrende Flüchtlinge finden ihr Eigentum besetzt und müssen sich anderweitig umsehen.
   Nach der Flucht 1944/45 und nach weitesgehender Aussiedlung der in beträchtlicher Zahl in der Heimat verbliebenen oder nach Sibirien verschleppten Memelländer in den 50er und 60er Jahren, lebt der größte Teil der ehemaligen memelländischen Bevölkerung und deren Nachkommen heute in Deutschland.
  
  Litauische Zeit 1945 bis zur Gegenwart
  Sowjetzeit 1945-1989
  
   Das Memelgebiet gehört seit 1945 zu Litauen.
   1948: Am 7. April wurde die Stadt und das gesamte Memelgebiet in die litauische Sowjetrepublik eingegliedert.
   In den ersten Jahren werden viele Memelländer, aber auch zugewanderte Litauer nach Sibirien deportiert.
   In den 50er und 60er Jahren Ausreise von knapp zehntausend in der Heimat verbliebenen Memelländern nach Deutschland.
   1987: Nachdem bisher das Memelgebiet für jeden Reiseverkehr Sperrgebiet war, konnten jetzt erste zaghafte Reisen unternommen werden, nachdem sich der ,Eiserne Vorhang" zu heben begann.
  
  Von der Unabhängigkeit Litauens 1989 bis zur Gegenwart
  
   1989 Politische Wende in Litauen: Unabhängigkeit von Russland kostet einigen Litauern das Leben. Eine große Reisewelle von Deutschen in das Memelland setzt ein. Viele Deutsche unterstützen das Memelland nach Kräften, lassen Kirchen renovieren und Friedhöfe herrichten.
   1989: Im November konnte die neugefertigte Bronzestatue des "Annchen von Tharau " nach Memel gebracht werden. Spenden der Memelländer (Ännchen-von Tharau-Verein) hatten es ermöglicht. Die noch sowjetische Stadtverwaltung hatte den Theaterplatz und den Simon-Dach-Brunnen wiederhergestellt. Es fand eine feierliche Enthüllung statt.
   Heute noch im Memelland lebende Memelländer bekommen großenteils ihren nach 1945 verlorenen Besitz nach der Unabhängigkeit Litauens, wenn auch manchmal nur teilweise, zurückerstattet.
  
   2002 Die Stadt Memel begeht ihre 750-Jahr-Feier mit vielen ehemaligen Memelländern und weiteren Gästen aus Deutschland.
  
   2004 Beitritt zur Europäischen Union.
  
  Gegenwart - Das memelländische Erbe
  
  Das memelländische Erbe wird von vielen heutigen Bewohnern des Memellandes nur zögerlich angenommen und häufig zu einer alleinig "kleinlitauischen Eigenart" dieser Region uminterpretiert, wobei deutsch-preußische sowie kurisch-prußische Einflüsse tendenziell marginalisiert werden. Das Memelland ist aber von vielfältigen Kulturen und Völkern geprägt worden, von denen die Litauer wie die Deutschen aller Stämme im Vergleich zu den Prußen und Kuren erst spät eingewandert sind; die Litauer sogar erst als deutsche Siedler schon da waren, mit denen sie sich dann im Laufe des 19.Jahrhunderts zu einem memelländischen Menschenschlag verbanden, in dem das memelländisch-litausche Kulturelement auf dem Lande überwog und das alte kurisch-prußische schon längst überdeckt hatte oder auf der Nehrung zu assimilieren begann.
  Ännchen-von-Tharau-Brunnen in Memel
  
  Das im Deutschen unübliche Wort "Kleinlitauen" steht für "Preußisch Litauen" (häufig auch nur verengt für das "Memelland" gebraucht), will aber eine enge geistig-kulturelle Verbundenheit mit Rest- oder Großlitauen suggerieren, die nicht in dem Maße bestand. In letzter Zeit versuchen einige Autoren, dieses Wort "Kleinlitauen" in deutschen Publikationen und Internetseiten einzubürgern, um damit bewußt oder aus Unkenntnis die alten Bezeichungen "Preußisch Litauen" oder "Memelland" zu verdrängen. Vom Gebrauch des Wortes ist daher abzuraten, weil es seit Jahrhunderten dafür schon die Bezeichnung "Preußisch Litauen" bzw. den etwas jüngeren und engeren Begriff Memelland gibt.
  
  Der Name Memel wird von offizieller Seite in Broschüren, Informationstafeln und anderen Publikationen auf Deutsch gescheut, höchstens aber für den Zeitraum bis 1945 benutzt. Danach wird er peinlichst -auch von einigen deutschen Autoren- vermieden. Im Gespräch mit Litauern kann es je nach Toleranz zu Verstimmungen führen, wenn man auf Deutsch von Memel spricht. Doch sind in Memel selbst einige Anzeichen zu finden, daß der Name Memel wenigstens in der Altstadt und für das Historisch-Nostalgische in Gebrauch kommt, allerdings erstaunlicherweise auf Litauisch ! Es gibt eine Brauerei und Kneipe an der Dange, die Memelis heißt, einen Optiker in der Altstadt von Memel mit Namen Memelio optika. Auch die Eröffnung der Friedricho pasažas, einer Restaurantmeile in der ehemaligen Friedrichstadt von Memel, zeigt ein Wende im Umgang mit der deutschen Vergangenheit Memels an.
  
  Es ist übrigens wider der Meinung einiger Deutscher zu bemerken, daß die litauische Bezeichnung Klaipėda für Memel im Kern schon sehr alt ist und schon immer von den litauischsprachigen Memelländern benutzt wurde, wie aber auch der deutsche Name Memel alt und immer noch von den Kennern Memels, den Memelländern selbst, im Gebrauch ist. Das litauische Klaipėda hat genauso sein jahrhundertealtes Recht wie das deutsche Memel.
  
  Ein Kuriosum besonderer Art ist die Bezeichnung einer wissenschaftlichen Veröffentlichung der Universität von Memel, in der im Titel das im Lateinischen seit Jahrhunderten übliche Adjektiv Memelensis wohl seiner deutschen Ableitung wegen getilgt und durch eine unnötige Neuschöpfung Klaipedensis ersetzt wurde: Acta historica universitatis Klaipedensis. Daß man sich durchaus der richtigen lateinischen Bezeichnung bewußt ist, zeigt der verdienstvolle Memeler Verlag Libra Memelensis.
  
  Es gibt Bestrebungen, die schon im 19.Jahrhundert fast gänzlich verschwundene Memelburg wiederaufzubauen, eine neue Johanniskirche an der Stelle der alten abgerissenen zu errichten oder sogar den alten Bau im kleineren Maßstab zu rekonstruieren; es gab einen Versuch, zweisprachige Straßenschilder, wie es sie schon in der Zeit von 1923-1939 in Memel gab, wiederanzubringen, was aber bisher nicht genehmigt wurde.
  Weblinks
  
   http://www.annaberger-annalen.de/
   http://www.annaberger-annalen.de/jahrbuch/2006/Annaberg%20Nr.14%20Kap3.pdf
   http://www.annaberger-annalen.de/jahrbuch/2007/15_06_jenkis.pdf
   Historisch-comparative Geographie von Preussen (Digitalisat der Google Buchsuche (KMcBAAAAYAAJ))
  
  Einzelnachweise
  
  Sagen aus dem Kreis Heydekrug#Der_Algeberg
  Artikel Zweiter Frieden von Thorn. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  Artikel Johann von Tiefen. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  Persönlichkeiten des Memellandes#Neumann, Ernst
  
   Hopf, Hans: Auswirkungen des Verhältnisses Litauens zu seinen Nachbarn auf das Memelgebiet in: Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/ Pr. 1962, Bd.12, S. 262 f
  
  Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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